Tokee-GeckoWer seltene Reptilien sammelt wie andere Briefmarken, ist häufig bereit, sehr viel Geld für die Exoten zu zahlen. Die Artenvielfalt in deutschen Wohnzimmern wächst. Auch immer mehr Wildfänge landen als Haustiere in Terrarien - ganz legal. Aber auch der Schmuggel boomt: Allein am Frankfurter Flughafen sind 2007 laut Zoll 111.000 Tierprodukte und lebendige Tiere sichergestellt worden, davon 5.600 lebende Tiere, überwiegend Reptilien und Vögel. Dass solche Schmuggelaktionen nur etwa zehn Prozent der Tiere lebend überstehen, scheint ein kalkuliertes Risiko zu sein. Wie bei Briefmarken gilt auch hier, je seltener ein Exemplar, umso begehrter und wertvoller sind sie.
Artenschutz wird von vielen Ämtern nicht ernst genommen 200 Ämter regeln in den Bundesländern den Handel mit bedrohten Arten. Dabei ist der Artenschutzvollzug in vielen Ländern noch in der Kreisverwaltung angesiedelt. Zumeist wird das Thema Artenschutz hier nicht ernst genug genommen und es mangelt bei vielen Sachbearbeitern am nötigen Wissen. Das ist umso bedauerlicher, wenn man bedenkt, dass den Bundesländern ein außergewöhnliches Vollzugsinstrument gegeben ist: die sogenannte Beweislastumkehr. Verdächtige Personen müssen gegenüber den Behörden der Bundesländer nachweisen, dass ihre Tiere und Papiere legal sind. Die Behörden der Bundesländer könnten somit schnell gegen den Schmuggel vorgehen und beispielsweise lebende Tiere sofort konfiszieren.
Präparierter Löwenkopf beim ZollDie zuständigen Organe des Bundes wie Bundesamt für Naturschutz, Zoll und Zollfahndung sowie die Bundesländer sind sich einig, dass der Artenschutzvollzug von Bundesebene aus kontrolliert werden sollte. Denn dort sind ausgewiesene Experten tätig. Damit würde dem Artenschutz die notwendige Gewichtung zugesprochen. Ob das je passieren wird, darf bezweifelt werden. Die Politik ist also gefragt, dem Artenschutz mehr Gewicht und Durchsetzungskraft zu verleihen und den Vollzug in den Bundesländern auf eine höhere Verwaltungsebene zu rücken.
Versagen des Strafrechts Das Strafmaß für Artenschmuggel innerhalb der EU fällt sehr unterschiedlich aus und ist zu milde, um wirkungsvoll abzuschrecken. Für professionelle Artenhändler wird die Gesetzesübertretung so zu einem kalkulierbaren Geschäftsrisiko. Zwar liegt die gesetzliche Höchststrafe in Deutschland bei fünf Jahren, aber dieses Strafmaß wurde noch nicht ausgesprochen, auch nicht bei dem größten bislang bekannten Fall von Artenschmuggel. Der Deutsche hatte jahrelang mit bedrohten Tieren wie Gorillas, Schimpansen, Orang-Utans, Reptilien, Papageien und Adlern gehandelt.
Noch immer gelten Artenschutzvergehen für viele Richter lediglich als Kavaliersdelikte. Die Täter bekommen zumeist eine Geldbuße, die weder dem Wert der Tiere noch den Kosten einer artgerechten Haltung des konfiszierten Tieres nahe kommt. Artensterben und die damit verbundene schwindende Artenvielfalt ist für die Mehrheit der deutschen Richter zu abstrakt und zu weit entfernt, als dass gerechte Strafen vergeben würden.
So lange die gesetzliche Grundlage und die Mittel zur Verfolgung von arten- und tierschutzrechtlichen Straftaten nicht gestärkt werden, muss sich der verantwortungsbewusste Tierfreund genau informieren, bevor er sich ein Haustier anschafft. Artenschutz und Tierliebe können auch bedeuten, ganz auf ein Tier zu verzichten.